• recht
    gut zu wissen.

Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zur Ursächlichkeit eines anaphylaktischen Schocks aufgrund der Verabreichung eines Antibiotikums für den Tod eines Hundes

Das Landgericht Heidelberg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 10.10.2018 (Az. 4 O 92/17) die Schadensersatzklage einer Hundebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Eine Hundebesitzerin begab sich mit ihrem Hund in die Tierklinik des beklagten Tierarztes wegen eines vermehrt auftretenen Leckens des Hundes am Vorderlauf. Der Tierarzt verabreichte dem Hund ein für Rinder und Schweine zugelassenes Antibiotikums Cephalosporin (Cobactan). Als Folge erlitt der Hund einen allergischen Schock. Es wurde eine antiallergische Therapie mit Cortison eingeleitet. In der Folgezeit erfolgte eine Wiedervorstellung des Hundes wegen Polyurie, Polydypsie, Erbrechens und schwankenden Gangs. In der Praxis des beklagten Tierarztes wurden weitere Laboruntersuchungen sowie Infusionsbehandlungen durchgeführt.

Die llagende Hundesbeitzerin begab sich sodann zur weiteren Behandlung in die veterinärmedizinische Abteilung der Universitätsklinik Gießen, wo der Hund starb.

Die Hundesbeitzerin (Klägerin) nahm den Tierarzt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.500,00 EUR in Anspruch. Sie behauptete, der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Der Hund sei vor der Verabreichung von Cobactan völlig gesund gewesen. Sie, die Klägerin, habe vor der Verabreichung des Medikaments darauf hingewiesen, dass der Hund gegebenenfalls allergisch reagieren könnte. Der Hund sei trotz des schlechten Zustandes nicht stationär in der Klinik des Beklagten aufgenommen worden. Insgesamt wird behauptet, dass der Hund aufgrund der behandlungsfehlerhaften Verabreichung eines Antibiotikums ohne ausreichende Voruntersuchung einen anaphylaktischen Schock erlitten habe. Ferner habe das Antibiotikum für Hunde nicht verwendet werden dürfen. Die Verabreichung der falschen Medikation sowie eine unterlassene Behandlung nach Auftreten des Schocks seien ursächlich für die aufgetretenen Komplikationen und den Tod der Hundin gewesen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Landgericht Heidelberg wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege ein Behandlungsfehler des Tierarztes nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei die Gabe eines Antibiotikums zur Behandlung der Leckdermatitis lege artis gewesen. Insbesondere sei die Gabe eines Antibiotikums bei der hier vorliegenden bakteriellen Infektion indiziert gewesen. Die durchgeführte Untersuchung sei als Befunderhebung ausreichend gewesen. Eine darüber hinausgehend zytologische Untersuchung sei allenfalls für eine Universitätsklinik medizinischer Standard.

Der Sachverständige ging auch davon aus, dass sich aus der Wahl des Antibiotikums Cobactan, seiner Dosierung und Injektion kein Kunstfehler ableiten lasse. Zwar sei das Antibiotikum Cobactan nicht für die Behandlung von Hunden zugelassen. Die Verwendung könne allerdings unter Hinweis auf die Umwidmungskaskade vorliegend als zulässig angesehen werden. Die Dosierung bewege sich mit der Gabe von 2,5 ml der Suspension im Rahmen der tierärztlichen Kunst. Die Entscheidung für die Injektion anstelle der Gabe von Tabletten unterliege der Therapiewahl des Behandlers und sei hier nicht zu beanstanden.

Ferner verstoße – so das Gericht weiter – auch die in der Tierklinik durchgeführte Nachbehandlung nach der Antibiose nicht gegen die Regeln der tierärztlichen Kunst. Die Behandlung des anapylaktischen Schocks sei bei der Wiedervorstellung hinreichend gewesen. Es habe eine intensive medikamentöse Behandlung und eine engmaschige Kontrolle stattgefunden.

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Tod des Hundes durch eine tödlich verlaufende Anaplasmose und einem Hyperparathyredismus eingetreten sei. Diese Diagnose habe aufgrund der durchgeführten Untersuchungen und Labortests erst zu einem Zeitpunk gestellt werden können, als die Hundebesitzerin die Behandlung in der Tierklinik des beklagten Tierarztes bereits abgebrochen hatte. Der Sachverständige führte aus, dass die bis zur endgültigen Diagnose verfolgte Therapie den Regeln der tierärztlichen Kunst entsprochen habe.

Das Gericht folgt der Einschätzung des Sachverständigen, dass die eindeutige Todesursache in einer Hirnblutung zu sehen sei, die durch eine Thrombozytopenie ausgelöst wurde. Diese gehe auf die Anaplasmose zurück. Ein direkter Zusammenhang mit dem anaphylaktischen Schock bestehe nicht.

Ferner liege nach Auffassung des Gerichts kein haftungsbegründender Aufklärungsfehler vor. Nach Auffassung des Sachverständigen bestehe bei jeder Injektion eines Antibiotikums das seltene Risiko einer anapylaktischen Reaktion. Eine Antibiotikagabe löse keine weitergehende Aufklärungspflicht aus. Der Tierhaltet sei lediglich bei besonders risikoreichen Behandlungen über Risiken und Alternativen aufzuklären. Eine solche habe nicht bestanden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung: Das Urteil ist aus Sicht der Tierärtzeschaft vorteilhaft, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers und zur Beweislast getroffen werden. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.