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Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zu einer behaupteten fehlerhaften tierärztlichen Behandlung im Zusammenhang mit einem Kaiserschnitt und einer Hysterektomie

Das Landgericht Magdeburg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 19.02.2020 (Az. 9 O 1237/18) die Schadensersatzklage einer Hundebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin – eine Dackelzüchterin – begab sich mit ihrer trächtigen Hündin wegen einer Verzögerung des Geburtsprozesses in die Tierarztpraxis des Beklagten. Dort wurde durch die mitverklagte angestellte Tierärztin ein Röntgenbild zur Bestimmung der Welpenzahl gefertigt, ein Venenzugang gesetzt und ein Wehenmittel verabreicht. Nach der Geburt des ersten Welpen kam der Geburtsvorgang wiederum ins Stocken und konnte auch durch die Gabe eines weiteren – zweiten und dritten – Wehenmittels nicht vorangebracht werden.

Die Tierärztin entschied sich, einen Kaiserschnitt vorzunehmen. Im Nachgang der Geburten sollte nach dem Wunsch der Klägerin eine Hysterektomie durchgeführt werden.

Im Anschluss an die Sectio, bei welcher fünf weitere Welpen lebend zur Welt gebracht wurden, ist die Hysterektomie vorgenommen worden, bei welcher die Hündin unter der Operation verstarb.

Die Klägerin nahm den Tierarzt und dessen angestellte Tierärztin auf Schadensersatz in Höhe von 6.364,00 € in Anspruch. Sie behauptete, die behandelnde Tierärztin habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Zum einen sei der Kaiserschnitt ohne hinreichendes Abwarten der Betäubung vorgenommen worden. Das schlussfolgerte die Klägerin aus einem lauten und langanhaltenden Aufjaulen des Hundes. Ferner habe die Hysterektomie nicht durchgeführt werden dürfen, da im Nachgang der Sectio – so die Klägerin – eine zusätzliche Hysterektomie mit einem erheblichen Mortaltätsrisiko verbunden sei. Im Übrigen sei die Klägerin darüber nicht aufgeklärt worden. Wäre sie – so der Vortrag – auf das Risiko hingewiesen worden, hätte sie von der Hysterektomie Abstand genommen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Landgericht Magdeburg wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege ein Behandlungsfehler der behandelnden Tierärztin nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei die Verabreichung des Narkosemittels ausreichend gewesen. Der Gutachter führte aus, dass die Anästhesie, die aus einer Kombination von Polamivet, Ketamin und Xylazin bestanden hat, behandlungsfehlerfrei ausgewählt und ausreichend dosiert gewesen sei. Das von der Klägerin behauptete Jaulen des Hundes lasse nicht auf eine nicht ausreichende Dosierung der Narkose schließen. Vielmehr sei eine Operation eines Tieres, das nicht tief genug narkotisiert sei, gar nicht möglich.

Des Weiteren führte der Sachverständige aus, dass der Herz-Kreislauf-Stillstand unter der Operation nicht auf einen Behandlungsfehler der behandelnden Tierärztin zurückzuführen sei, sondern vielmehr eine schicksalhafte Komplikation darstelle. Sowohl die Sectio als auch die Hysterektomie seien nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden. Insbesondere habe nach der Sectio kein erhöhtes Mortaltätsrisiko aufgrund der zusätzlich durchgeführten Ovariohysterektomie bestanden.

Das Landgericht Magdeburg folgte insoweit vollständig den Ausführungen des Sachverständigen. Somit habe die insoweit beweisbelastete Tierhalterin nicht den Beweis erbracht, dass ein (grober) Behandlungsfehler begangen wurde.

Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen Aufklärungspflichtverletzung führt das Gericht aus, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung über ein besonderes Risiko der Narkose nicht aufgeklärt werden müsse, da es allgemein anerkannt sei, dass Narkosen nicht ungefährlich sind. Ferner geht das Gericht in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen davon aus, dass die zusätzlich durchgeführte Ovariohysterektomie kein erhebliches Mortaltätsrisiko, über das hätte belehrt werden müssen, mit sich gebracht habe. Eine gesonderte ausdrückliche Aufklärung über ein besonders hohes Mortaltätsrisiko sei nicht notwendig gewesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung:
In der Praxis werden relativ viele Klagen gegen Tierärzte/ Tierärztinnen nicht nur mit dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch mit einer fehlerhaften Aufklärung als eigenem Anspruchsgrund begründet. Das Urteil ist aus Sicht der Tierärzteschaft vorteilhaft, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers im Zusammenhang mit einer Narkose und zur Beweislast getroffen werden. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

gez. Rechtsanwalt Jürgen Althaus, Kanzlei tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus