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Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zu einer behaupteten Pflichtverletzung aus einem tierärztlichen Behandlungsvertrag

Das Landgericht Konstanz hat in einer aktuellen Entscheidung vom 22.08.2023 (Aktenzeichen: E 2 O 46/23) die Schadensersatzklage einer Pferdebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin – eine Pferdehalterin – ließ bei ihrem Pferd in der Tierklinik der Beklagten eine zahnmedizinische Behandlung (Backenzahnextraktion) durchführen. Nach Durchführung der Folgebehandlung führte eine tiermedizinische Fachangestellte der Klinik das Pferd mit Halfter, Strick und für Kette aus dem Zwangsstand zurück in den Stall. Die tiermedizinische Fachangestellte musste mit dem Pferd mehrere Räume durchqueren. Das Pferd lief sediert und mit gesenktem Hals hinter der Angestellten her.

Beim Betreten der Stallgasse riss das Pferd plötzlich den Kopf hoch, bekam Panik und drückte die tiermedizinische Fachangestellte weg. Diese versuchte noch, das Pferd in die nächste offenstehende Box hineinzutreiben. Das Pferd rannte jedoch nicht in die Box, sondern riss sich los, galoppierte durch mehrere Räume der Klinik und sprang durch ein bodenlanges geschlossenes Fenster neben der zu diesem Zeitpunkt offenstehenden Tür zum Kleintierbereich der Klinik. Dabei wurde der Mittelpfosten herausgerissen, das Glas zerbrochen und der Türrahmen verbogen.

Das Pferd galoppierte weiter ins Wartezimmer der Kleintierklinik und rutschte gegen eine Ecke der Fensterfront. Hiernach rannte das Pferd in einen Büroraum, wo es am Halfter gegriffen und noch einmal weiter residiert werden konnte.

Bei dem Sprung durch die geschlossene Glasscheibe zog sich das Pferd eine vollständige Durchtrennung des Beugesehnen-Pakets am Hinterbein zu, ferner tiefe Muskelwunden am Unterhals sowie eine stark blutende Wunde im Bereich des Unterschenkels. Aufgrund der infausten Prognose nahm der Geschäftsführer der Beklagten die Euthanasie des Pferdes vor.

Das Pferd beschädigte eine Vielzahl von Einrichtungsgegenständen der Klinik. Der dortige schaden belief sich auf ca. 40.000,-€.

Die Klägerin nahm die Tierklinik auf Schadensersatz in Höhe des Wertes des Pferdes (17.000,- €) in Anspruch. Sie behauptete, die Klinik habe verschiedene Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verletzt. So behauptet sie insbesondere, das sedierte Pferd hätte nicht von einer einzelnen Person geführt werden dürfen. Ferner sei es fehlerhaft, die Tür zum Klinikbereich nicht offenstehen zu lassen. Schließlich bestreitet die Klägerin die von dem Geschäftsführer der Klinik festgestellten Verletzungen des Pferdes und behauptete infolgedessen, dass die Euthanasie nicht indiziert gewesen sei.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:

Das Landgericht Konstanz wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege eine Sorgfaltspflichtverletzung nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden.

Nach den Ausführungen des Gutachters sei es üblich und werde auch so gelehrt, dass sedierte Pferde von einer einzelnen Person allein geführt werden. Ein Verstoß gegen veterinärmedizinischen Standard sei nicht festzustellen.

Ferner sei im Zusammenhang mit der durchgeführten Sedierung kein Behandlungsfehler festzustellen. Sowohl die Auswahl als auch die Dosierung des verwendeten Präparats sei lege artis.

Der Sachverständige führte aus, dass die Durchtrennung aller Beugesehnen die durchgeführte Euthanasie nicht nur rechtfertige, sondern diese im Hinblick auf die Aussichtslosigkeit der Behandlung sogar indiziere und schnellstmöglich zu erfolgen habe.

Insgesamt kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine vorwerfbare Pflichtverletzung auf Seiten der Klinik bzw. deren Angestellten nicht bestehe bzw. von der Klägerin nicht bewiesen werden könne.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung:

In der Praxis werden viele Klagen gegen Tierärzte/Tierärztinnen mit dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers begründet. Aufgrund der gesetzlichen Beweislastverteilung muss der Tierhalter/die Tierhalterin die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, also das Bestehen eines Behandlungsfehlers, beweisen. Kann er/sie diesen Beweis nicht führen, muss das Gericht – wie in dem dargestellten Fall – die Klage abweisen.