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Die neue TÄHAV: Inhalt und Konsequenzen

Am vergangenen Freitag (02.02.2018) hat der Bundesrat dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf der TÄHAV in vollem Umfang zugestimmt. Die bis dahin seitens der Tierärzteschaft vorgebrachten Einwände wurden nicht berücksichtigt.

Aktuell wird vielerorts – auch in Onlineforen und in Diskussionsgruppen auf Facebook- über den Inhalt, die Konsequenzen und das Inkrafttreten der TÄHAV diskutiert – und zum Teil spekuliert. Vielfach werden Meinungen und Vermutungen geäußert, die nicht ganz zutreffend sind. Aus diesem Grunde möchten wir die Neuregelungen der TÄHAV nachfolgend in der gebotenen Kürze einmal darstellen.

  1. Es wird in § 12 Abs. 2 Nr. 1 TÄHAV festgelegt, dass eine „ordnungsgemäße Behandlung“, also die Voraussetzung einer Arzneimittelabgabe oder -anwendung einen unmittelbaren physischen Kontakt durch den Tierarzt voraussetzt. Eine telefonische Kontaktaufnahme des Tierhalters stellt daher im Einzelfall u.U. keine „Behandlung“ mehr dar.
  2. Es wird in § 12 Abs. 2 Nr. 2 TÄHAV festgelegt, dass die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt zu kontrollieren sind. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Kriterium (neu) ausgelegt werden wird.
  3. § 12 Abs. 2 Nr.3 TÄHAV sieht vor, dass einer Behandlung mit einem Antibiotikum eine klinische Untersuchung durch den Tierarzt vorangehen muss. Eine bisher im Einzelfall ausreichende orientierende Übersicht über die Probleme eines Tierbestandes oder lediglich eine Befragung des Tierhalters genügt danach nicht mehr.
  4. In § 12 b TÄHAV wird das vielfach diskutierte (teilweise) Umwidmungsverbot normiert. Danach dürfen Arzneimittel, die Cephalosporine der dritten oder vierten Generation oder Fluorchinolone enthalten, bei Rindern, Schweinen, Puten, Hühnern, Hunden und Katzen nur noch abgegeben, verschrieben oder angewendet werden, wenn sie für diese Tierart zugelassen sind, es sei denn, die notwendige arzneiliche Versorgung der Tiere ist ansonsten gefährdet.
  5. Die weitere neue Regelung des § 12 c TÄHAV beschreibt eine Antibiogrammpflicht. Danach hat der Tierarzt „im Rahmen“ der Behandlung von Tiergruppen der Tierarten Rind, Schwein, Huhn oder Pute mit einem Antibiotikum unter bestimmten Voraussetzungen (nicht immer!) bzw. in bestimmten Situationen (z. B. bei einem Wechsel des Arzneimittels oder einer kombinierten Verabreichung) ein Antibiogramm zu erstellen. Die Antibiogrammpflicht gilt auch im Kleintierbereich bei der Behandlung einzelner Hunde und Katzen (wie bei den vorgenannten Tierarten), wenn eine Abweichung von den Zulassungsbedingungen (Umwidmung) von Antibiotika erfolgen oder eine Behandlung von Arzneimitteln erfolgen soll, die Cephalosporine der dritten oder vierten Generation oder Fluorchinolone enthalten. Die Antibiogrammpflicht gilt nicht ausnahmslos!
  6. In § 12 d TÄHAV wird im einzelnen beschrieben, wie die Probennahme zu erfolgen hat (Probennahme, Erregerisolierung, Resistenztest)
  7. In § 13 TÄHAV werden die Nachweispflichten des Tierarztes verschärft. Dies gilt insbesondere für die Nachweise im Falle der Anwendung, Verschreibung und Abgabe von Antibiotika. So ist insbesondere die Diagnose zu dokumentieren. Ferner ist der Grund für eine Umwidmung zu begründen. Schließlich ist die Probennahme zu dokumentieren (z.B. Identität der beprobten Tiere, Diagnose, Untersuchungsmethode, Bewertungskriterien, u.Ä.). Diese erweiterten Nachweispflichten gelten sowohl bei der Behandlung von Tieren, die der Gewinnung von Lebensmittel dienen, als auch von Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, also auch im Kleintierbereich.

Aus den dargestellten neuen Regelungen resultieren zum Einen erweiterte Pflichten eines Tierarztes und ein deutlich vermehrter Arbeits- und Dokumentationsaufwand. Dies wird gerade heftig diskutiert. Was jedoch nicht diskutiert wird, sind die bußgeldrechtlichen und insbesondere strafrechtlichen Gefahren, die sich aus den Regelungen ergeben. Dies gilt besonders im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer „ordnungsgemäßen Behandlung“.  Die oben dargestellten Regelungen zeigen die Voraussetzungen einer „ordnungsgemäßen Behandlung“ auf. Eine solche ist wiederum Voraussetzung für eine rechtmäßige Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels (§ 56 a AMG). Wer also die oben genannten Anforderungen (persönliche Untersuchung, klinische Untersuchung, Antibiogramm, u.s.w.) nicht erfüllt, behandelt im Zweifel nicht „ordnungsgemäß“. Bei der Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels für Lebensmittel liefernde Tiere stellt das im Einzelfall einen Straftatbestand (§ 95 Nr. 8 i.V.m. § 56 a AMG), bei der Behandlung von Tieren, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar.

Somit wachsen durch die neue TÄHAV insbesondere auch die bußgeldrechtlichen und strafrechtlichen Risiken. Ferner ist zu erwarten, dass die geschilderten Anforderungen auch Auswirkungen auf den Verlauf und das Ergebnis von Apothekenkontrollen haben werden. Es kann daher nur empfohlen werden, die Neuerungen ernst zu nehmen und penibel umzusetzen und sich ferner möglichst kurzfristig darauf einzustellen.

Ein Wort zum Inkrafttreten der Regelungen. Auch hier liest man in Foren teilweise sich widersprechende Vermutungen („Ende Februar“, „Übergangsfrist“).  Artikel 2 der Verordnung sieht vor, dass die Verordnung am Tag nach Ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger in Kraft tritt. Das kann jederzeit soweit sein! Eine (in der Tierärzteschaft erhoffte) Übergangsfrist ist in der Verordnung nicht vorgesehen.

gez. Althaus