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Tierarztpraxis mit Fundtierstelle = erlaubnispflichtige tierheimähnliche Einrichtung!?

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat mit Urteil vom 05.04.2018 (6 A 22/17) entschieden, dass es sich bei der in der Praxis der klagenden Tierärztin betriebenen Fundtierstelle um eine erlaubnispflichtige tierheimähnliche Einrichtung handelt. Mangels einer solchen Erlaubnis sei der Untersagungsbescheid des zuständigen Landkreises rechtmäßig.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt eine tierärztliche Kleintierpraxis inklusive einer Station. Sie nahm aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit mehreren umliegenden Gemeinden Fundtiere auf und brachte diese bis zu deren Abholung stationär in der Station ihrer Praxis unter. Während des stationären Aufenthalts wurden die Fundtiere auch tierärztlich versorgt.

Der Landkreis als zuständige Ordnungsbehörde verbot der Tierärztin per Untersagungsbescheid die Aufnahme und Betreuung von Fundtieren mit der Begründung, dass es sich bei der betriebenen Fundtierstelle um eine tierheimähnliche Einrichtung handele. Für den Betrieb einer solchen sei eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG erforderlich. Eine solche Erlaubnis liege jedoch nicht vor, so dass die Tätigkeit zu versagen sei.

Zu den Entscheidungsgründen:

Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Tierärztin gegen den Untersagungsbescheid ab. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Tierärztin -ohne die dafür erforderliche Erlaubnis- eine tierheimähnliche Einrichtung betrieben habe. Tierheimähnliche Einrichtungen seien Einrichtungen, bei denen die wesentlichen Merkmale eines Tierheims vorliegen. Dazu gehören die Aufnahme, die pflegerische Unterbringung und gegebenenfalls Weitervermittlung von Fund- und Abgabetieren. Wesentliches Merkmal eines Tierheims sei -so das Gericht-, dass dort viele Tiere unterschiedliche Arten konzentriert an einem Ort gehalten werden. Die Tierheime werden als Auffangstation, als Tierpension, zur vorläufigen Unterbringung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der betroffenen Tiere tätig.

Das Gericht war der Auffassung, dass die Tierärztin die genannten wesentlichen Aufgaben eines Tierheims dadurch erfüllt hat, dass sie über mehrere Jahre hinweg eine Vielzahl unterschiedlicher Fundtiere  dauerhaft in ihrem Praxisräumen aufgenommen, gepflegt und weitervermittelt hat. Dabei sei es unerheblich, dass viele Tiere zeitnah an ihren Besitzer zurückgegeben werden konnten. Hinzu komme nach Auffassung des Gerichts, dass die Tierärztin Vereinbarungen mit mehreren Gemeinden geschlossen hatte. Diese sprechen dafür, dass es sich bei den Aufgaben der Tierärztin überwiegend um solche gehandelt habe, die üblicherweise durch ein Tierheim wahrgenommen werden Die Tierärztin habe anstelle der Gemeinden ein Tierheim betrieben. Dabei habe der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Fundtierstelle entgegen den Ausführungen der Tierärztin nicht auf der Erbringung tierärztlicher Leistungen gelegen. Daran ändere auch die Abrechnung nach GOT nichts. Ein Betreuungsvertrag i.S. des § 4 GOT umfasse nicht die Annahme und Unterbringung von Tieren durch den Tierarzt. Ferner sei nicht jedes aufgenommene Tier behandlungsbedürftig gewesen.

Nach Auffassung des Gerichts sei es nicht erheblich, dass der Schwerpunkt der Tierärztin auf dem Betrieb der Tierarztpraxis inklusive Station lag, und dass die betriebene Fundtierstelle lediglich untergeordneter Natur war. Hinzu komme, dass die Fundtierstelle auf der Homepage getrennt ausgewiesen worden und auf dem Schaufenster der Praxis separat beworben worden sei.

Anmerkung:

Die Entscheidung kann Auswirkungen auf andere Praxen haben, in denen ebenfalls Fundtiere aufgenommen und gegebenenfalls weitervermittelt werden. Interessant ist der Umstand, dass bei der Prüfung durch die Behörde, ob die Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung vorliegen, strenge Anforderungen an die Räumlichkeiten der Fundtierstelle (Größe, Licht, Klima, Quarantäne) gestellt werden, die demgegenüber beim Betrieb einer Praxisstation nicht im Vordergrund stehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.