• recht
    gut zu wissen.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen aufgrund des Coronavirus

Das Coronavirus (COVID-19) hat Deutschland fest im Griff: Die Infektionszahlen steigen, immer mehr Tierarztpraxen und Tierkliniken haben mit Einnahmeausfällen zu kämpfen. Angestellte Tierärzte fragen sich, wer ihren Lohn bei Krankschreibung, Quarantäne und Kurzarbeit übernimmt.

Nachfolgend beantworten wir die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19).
(Stand des Beitrages: 18.03.2020)

Vorab: Vieles geht in Ausnahmesituationen wie der aktuellen nur Miteinander. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten diese Ausführungen also nicht im Sinne von „Wie bestehe ich auf meinem Recht?“ lesen, sondern gemeinsam sinnvolle Lösungen entwickeln und umsetzen.

 

Was gilt, wenn der Arbeitnehmer am Coronavirus (COVID-19) erkrankt ist?

Die Erkrankung am Coronavirus (COVID-19) führt stets zur Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (EntgeltFG). Der Arbeitnehmer hat sodann gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EntgeltFG. Der Anspruch ist grundsätzlich auf einen Zeitraum von sechs Wochen begrenzt. Anschließend erhält der gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer von seiner Krankenkasse Krankengeld entsprechend den einschlägigen Bestimmungen.

Sollte gegen den am Coronavirus (COVID-19) erkrankten Arbeitnehmer zugleich ein berufliches Tätigkeitsverbot nach § 31 S. 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) angeordnet worden sein, tritt der Arbeitgeber zunächst in Vorleistung und hat sodann gegenüber der zuständigen Behörde, meist den Bezirksregierungen, einen Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1, S. 1 IfSG.

 

Was gilt, wenn nur ein Verdacht auf eine Erkrankung am Coronavirus (COVID-19) vorliegt?

Im Falle des Verdachts auf eine Erkrankung am Coronavirus (COVID-19) besteht ebenfalls ein Entschädigungsanspruch auf der Grundlage des § 56 Abs. 1, S. 1 IfSG. Dies aber nur, wenn ein behördliches Beschäftigungsverbot nach § 31 IfSG angeordnet worden ist.

Ein Anspruch aufgrund des § 3 Abs. 1 EntgeltFG besteht nicht, da in den meisten Fälle keine Arbeitsunfähigkeit vorliegen wird, sondern nur ein Verdacht.

 

Was gilt im Falle einer Quarantäne?

Der Fall der Quarantäne ist gleich zu behandeln. Infolge einer Quarantäne wird zeitgleich ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber hat somit ebenfalls einen Entschädigungsanspruch auf der Grundlage des § 56 Abs. 1, S. 1 IfSG.

 

Dürfen Arbeitnehmer – ggf. gegen ihren Willen – durch den Arbeitgeber nach Hause geschickt werden?

Den Arbeitgeber trifft grundsätzlich eine sogenannte Beschäftigungspflicht. Schickt der Arbeitgeber Arbeitnehmer unbegründet nach Hause, bleibt der Arbeitgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet.

Ein begründeter Fall liegt nur vor, wenn bei dem Arbeitnehmer Krankheitssymptome auftreten oder dieser sich zuvor in einem Risikogebiet aufgehalten hat.

Sogenannter Zwangsurlaub ist grundsätzlich nicht möglich bzw. rechtlich nicht zulässig. Auch das zwangsweise Abfeiern von Überstunden ohne weitere rechtliche Grundlage ist nicht legal.

Natürlich können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit über Urlaub und Überstundenabbau verständigen. Eine solche Vereinbarung begegnet in aller Regel keinen Bedenken. Diesbezüglich empfiehlt es sich eine Individualvereinbarung mit den Arbeitnehmern zutreffen.

 

Darf ich aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleiben?

Grundsätzlich Nein. Arbeitnehmer dürfen der Arbeit nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig sind. Ist das nicht der Fall, sind sie zur Arbeit verpflichtet.

In solchen Fällen kann das Fernbleiben von der Arbeitsstätte zu einer Abmahnung bis zu einer Kündigung führen.

 

Ist der Arbeitgeber weiterhin zur Vergütung verpflichtet, wenn durch das Coronavirus (COVID-19) ein Auftragsmangel eintritt?

Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das sogenannte Wirtschaftsrisiko. Das heißt, wenn aufgrund des Coronavirus (COVID-19) zwar Auftragsmängel entstehen, aber der Betrieb technisch weitergeführt werden kann, wird der Arbeitgeber nicht vom Vergütungsanspruch frei.

 

Ist der Arbeitgeber zur Vergütung der Arbeitnehmer verpflichtet, wenn eine behördliche Betriebsschließung erfolgt?

Wird ein Betrieb auf der Grundlage des § 28 Abs. 1, S. 1, 2 IfSG geschlossen, spricht man von sogenannten Betriebsrisikofällen.

Für solche Betriebsrisikofälle trägt der Arbeitgeber in allgemeinen Gefahrenlagen kein Verschulden. Dazu können ebenfalls Epidemien zählen.

Etwas anderes gilt, wenn das Betriebsrisiko durch die besondere Art des Betriebes angelegt gewesen ist.

Gerade bei Tierarztpraxen und Tierkliniken dürfte die Eigenart des Betriebes darauf angelegt sein, dass Arbeitnehmer mit Menschen in Kontakt kommen, sich infizieren oder der Verdacht einer Infektion besteht. Die Konsequenz besteht in der behördlichen Betriebsschließung.

In solchen Fällen wird demnach der Arbeitgeber den Vergütungsanspruch seiner Arbeitnehmer weitertragen müssen.

Es empfiehlt sich dennoch vorsorglich einen Antrag auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1, S. 1 IfSG zu stellen.

 

Besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer nur mittelbar aufgrund des Coronavirus (COVID-19) betroffen ist?

Wenn Kindergärten bzw. Kindertagesstätten aufgrund des Coronavirus (COVID-19) geschlossen werden und der Arbeitnehmer deshalb niemanden hat, der sein Kind betreut, ist das grundsätzlich ein Risiko, das der Arbeitnehmer zu tragen hat.

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass der Arbeitnehmer – je nach Fall – tatsächlich die Pflicht hat, sich um sein Kind zu kümmern, steht dem Arbeitnehmer unter diesen Umständen in aller Regel kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu.

Ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG kommt in solchen Fällen ebenfalls nicht in Betracht.

Für den Arbeitgeber kommt letztlich ein Entgeltfortzahlungsanspruch aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 616 BGB in Betracht. Gem. § 2 Abs. 1 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) kann ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen als eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne des § 616 S. 1 BGB angesehen werden. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur, wenn der Arbeitgeber vorübergehend verhindert ist. Ist der Zeitraum der Schließung bekannt, besteht überhaupt kein Anspruch nach § 616 BGB.

 

Welche Vorsichtsmaßnahmen muss der Arbeitgeber aufgrund des Coronavirus (COVID-19) ergreifen?

Jeden Arbeitgeber treffen arbeitsrechtliche Schutzpflichten.

In der Praxis bietet sich das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, Hinweise zur Benutzung und verstärktes Hinwirken auf die Einhaltung der Hygienestandards an.

Weiterhin sollten Tierarztpraxen und Tierkliniken von offenen Sprechstunden absehen. In einer telefonischen Anmeldung sollte im Vorfeld abgeklärt werden, ob eine akute Behandlung notwendig ist und ob der Tierhalter Symptome des Coronavirus (COVID-19) hat. In solchen Fällen sollte die Übergabe des Tieres außerhalb der Praxisräume erfolgen.

Weiterhin sollten Tiere möglichst nur von einer Person in die Tierarztpraxis oder Tierklinik gebracht werden. Im Behandlungsraum sollte der Tierhalter nicht anwesend sein. Gleichzeitig sollten nur so viele Tierhalter in die Tierarztpraxis oder Tierklinik gelassen werden, dass ausreichend Abstand im Wartebereich gehalten werden kann.

 

Können Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragen?

Die Bunderegierung hat über die Arbeitsagenturen angeordnet, dass bei durch das Coronavirus (COVID-19) verursachte Arbeitsausfälle ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld gewährt werden kann. Mehr Infos dazu hier:

https://www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus

Arbeitnehmer müssen hier erst einmal nichts tun. Arbeitgeber müssen die Details des Kurzarbeitergelds mit der Agentur für Arbeit klären. Dies ist zwischenzeitlich auch online bei der Arbeitsagentur möglich:

https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-arbeitgeber-unternehmen

 

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer mit Kinder 67 % der Nettoentgeltdifferenz. Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten 60 % der Nettoentgeltdifferenz.

 

gez. Rechtsanwalt Benjamin Kranepuhl, tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus

Darf ich einen Hund einbehalten, wenn der Tierhalter nicht zahlen kann?

Diese in der Praxis häufig vorkommende Frage ist rechtlich nicht ganz einfach zu beantworten. In der Rechtsprechung wird die Situation unterschiedlich beurteilt: Grundsätzlich ist ein Hund Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts gemüß § 273 Abs. 1 BGB. Die Zurückbehaltung eines Tieres steht nicht im Widerspruch zum § 1 TierSch.

Hier geht es zum vollständigen Beitrag: Darf ich einen Hunde einbehalten … – kleintier konkret 2020. 23.

Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zu einer behaupteten fehlerhaften tierärztlichen Behandlung im Zusammenhang mit einem Kaiserschnitt und einer Hysterektomie

Das Landgericht Magdeburg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 19.02.2020 (Az. 9 O 1237/18) die Schadensersatzklage einer Hundebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin – eine Dackelzüchterin – begab sich mit ihrer trächtigen Hündin wegen einer Verzögerung des Geburtsprozesses in die Tierarztpraxis des Beklagten. Dort wurde durch die mitverklagte angestellte Tierärztin ein Röntgenbild zur Bestimmung der Welpenzahl gefertigt, ein Venenzugang gesetzt und ein Wehenmittel verabreicht. Nach der Geburt des ersten Welpen kam der Geburtsvorgang wiederum ins Stocken und konnte auch durch die Gabe eines weiteren – zweiten und dritten – Wehenmittels nicht vorangebracht werden.

Die Tierärztin entschied sich, einen Kaiserschnitt vorzunehmen. Im Nachgang der Geburten sollte nach dem Wunsch der Klägerin eine Hysterektomie durchgeführt werden.

Im Anschluss an die Sectio, bei welcher fünf weitere Welpen lebend zur Welt gebracht wurden, ist die Hysterektomie vorgenommen worden, bei welcher die Hündin unter der Operation verstarb.

Die Klägerin nahm den Tierarzt und dessen angestellte Tierärztin auf Schadensersatz in Höhe von 6.364,00 € in Anspruch. Sie behauptete, die behandelnde Tierärztin habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Zum einen sei der Kaiserschnitt ohne hinreichendes Abwarten der Betäubung vorgenommen worden. Das schlussfolgerte die Klägerin aus einem lauten und langanhaltenden Aufjaulen des Hundes. Ferner habe die Hysterektomie nicht durchgeführt werden dürfen, da im Nachgang der Sectio – so die Klägerin – eine zusätzliche Hysterektomie mit einem erheblichen Mortaltätsrisiko verbunden sei. Im Übrigen sei die Klägerin darüber nicht aufgeklärt worden. Wäre sie – so der Vortrag – auf das Risiko hingewiesen worden, hätte sie von der Hysterektomie Abstand genommen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Landgericht Magdeburg wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege ein Behandlungsfehler der behandelnden Tierärztin nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei die Verabreichung des Narkosemittels ausreichend gewesen. Der Gutachter führte aus, dass die Anästhesie, die aus einer Kombination von Polamivet, Ketamin und Xylazin bestanden hat, behandlungsfehlerfrei ausgewählt und ausreichend dosiert gewesen sei. Das von der Klägerin behauptete Jaulen des Hundes lasse nicht auf eine nicht ausreichende Dosierung der Narkose schließen. Vielmehr sei eine Operation eines Tieres, das nicht tief genug narkotisiert sei, gar nicht möglich.

Des Weiteren führte der Sachverständige aus, dass der Herz-Kreislauf-Stillstand unter der Operation nicht auf einen Behandlungsfehler der behandelnden Tierärztin zurückzuführen sei, sondern vielmehr eine schicksalhafte Komplikation darstelle. Sowohl die Sectio als auch die Hysterektomie seien nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden. Insbesondere habe nach der Sectio kein erhöhtes Mortaltätsrisiko aufgrund der zusätzlich durchgeführten Ovariohysterektomie bestanden.

Das Landgericht Magdeburg folgte insoweit vollständig den Ausführungen des Sachverständigen. Somit habe die insoweit beweisbelastete Tierhalterin nicht den Beweis erbracht, dass ein (grober) Behandlungsfehler begangen wurde.

Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen Aufklärungspflichtverletzung führt das Gericht aus, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung über ein besonderes Risiko der Narkose nicht aufgeklärt werden müsse, da es allgemein anerkannt sei, dass Narkosen nicht ungefährlich sind. Ferner geht das Gericht in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen davon aus, dass die zusätzlich durchgeführte Ovariohysterektomie kein erhebliches Mortaltätsrisiko, über das hätte belehrt werden müssen, mit sich gebracht habe. Eine gesonderte ausdrückliche Aufklärung über ein besonders hohes Mortaltätsrisiko sei nicht notwendig gewesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung:
In der Praxis werden relativ viele Klagen gegen Tierärzte/ Tierärztinnen nicht nur mit dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch mit einer fehlerhaften Aufklärung als eigenem Anspruchsgrund begründet. Das Urteil ist aus Sicht der Tierärzteschaft vorteilhaft, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers im Zusammenhang mit einer Narkose und zur Beweislast getroffen werden. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

gez. Rechtsanwalt Jürgen Althaus, Kanzlei tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus

Muss ich als Kleintierpraktiker ein Pferd behandeln, wenn ich übergreifenden Notdienst habe?

Tierärzte sind verpflichtet, am Notfall- und Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Dies ist in vielen Berufsordnungen der Tierärztekammern geregelt. Bei nachweislich schwerwiegenden Gründen kann sich ein Tierarzt auf Antrag zum Teil von der Teilnahme am Notdienst befreien lassen. Derartige Anträge werden häufig damit begründet, dass man ausschließlich im Kleintierbereich spezialisiert tätig sei und sich nicht in der Lage sieht, ein Pferd zu behandeln.

Hier geht es zum vollständig Beitrag Muss ich als Kleintierpraktiker…

 

Wer zahlt die Rechnung bei einem Fundhund?

Eine alltägliche Situation: Jemand findet ein verletztes Tier – sei es ein Hund oder eine Katze – und bringt dieses in die tierärztliche Praxis. Dort wird das Tier untersucht, behandelt und versorgt. Es stellt sich dann die Frage, wer die tierärztlichen Leistungen bezahlen muss.

Hier geht es zum vollständigen Beitag: Wer zahlt die Rechnung bei einem Fundhund

Wie bieten auch Webinare an!

In Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner Vetinare bieten wir im Jahre 2019 folgende Webinare an:

  • Donnerstag, den 23.05.2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
    Thema: Die Haftung des Tierarztes – Grundlagen bis Schadensmanagement
    Referent: Rechtsanwalt Jürgen Althaus
    Mehr Informationen finden Sie hier!
  • Dienstag, den 28.05.2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
    Thema: Rechtliche Aspekte beim Verkauf einer Tierarztpraxis
    Referent: Rechtsanwalt Jürgen Althaus
    Mehr Informationen finden Sie hier!
  • Dienstag, den 04.06.2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
    Thema: Arbeitsrecht – ein Potpourri aktueller und praxisrelavanter Themen
    Referentin: Rechtsanwältin Kirsten-Lena Ziemen
    Mehr Information finden Sie hier!
  • Donnerstag, den 12.09.2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
    Thema:Schlechte Bewertung der Praxis im Internet? Und jetzt?
    Referentin: Rechtsanwältin Kirsten-Lena Ziemen
    Mehr Information finden Sie hier!
  • Dienstag, den 05.11.2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
    Thema: Arzneimittelrecht – von A bis Z
    Referent: Rechtsanwalt Jürgen Althaus
    Mehr Informationen finden Sie hier!

Haben Sie Interesse oder Rückfragen? Dann melden Sie sich gerne bei uns. Die Anmeldung erfolgt unter www.vetinare.de.

Tierarztrecht/Pferderecht: Die aktuelle Entscheidung zum Umfang der Aufklärungspflicht eines Tierarztes vor Durchführung einer Operation

Das Oberlandesgericht Köln hat in einer aktuellen, erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 4.7.2018 (AZ: 5U 26/18) die Berufung eines Pferdebesitzers gegen eine Pferdeklinik als unbegründet zurückgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Ein Pferdebesitzer begab sich mit seinem akut an einer Kolik leidenden Pferd in eine Pferdeklinik. Er beauftragte die Pferdeklinik mit der Behandlung der Kolik, indem er den Bogen „Kolik stationäre Aufnahme Schlachtpferd“ unterzeichnete. Dies schloss eine Operation ein. Des weiteren hatte der Pferdebesitzer eine Operations- und Narkoseaufklärung unterzeichnet. In dieser wurden verschiedene Komplikationen genannt.

Als Folge der durchgeführten Kolikoperation traten Komplikationen auf, die letztlich eine Euthanasie des Pferdes erforderlich machten. Der Pferdebesitzer nahm daraufhin die Pferdeklinik klageweise vor dem Landgericht Bonn in Anspruch und verlangte Schadensersatz wegen mangelhafter Aufklärung.

Das Landgericht Bonn wies die Klage als unbegründet ab. Dagegen richtete sich die Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufung des Pferdebesitzers als unbegründet zurück. Ein Schadensersatzanspruch wegen mangelhafter Aufklärung sei – so das OLG – nicht gegeben. Von einer mangelhaften Aufklärung vor der Kolikoperation könne nicht ausgegangen werden.

Das OLG Köln verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach schuldet der Tierarzt dem Auftraggeber orientiert an dessen wirtschaftlichen Interessen, einem ideellen Wert des Tieres und den Geboten des Tierschutzes vertraglich eine Beratung, zu der die Art und Weise des geplanten Eingriffs in groben Zügen, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und vorhandene Alternativen gehören. Nur so könne der Auftraggeber entscheiden, welche Behandlung er für sein Tier anstreben soll. Nach der Rechtsprechung des BGH können die Grundsätze über Art und Umfang der humanärztlichen Aufklärungspflicht nicht ohne weiteres übertragen werden, da das Selbstbestimmungsrecht des Patienten in der Tiermedizin keine Rolle spielt.

Das OLG Köln ging davon aus, dass es nicht entscheidend darauf ankomme, ob die für eine ordnungsgemäße Beratung des Pferdebesitzers maßgeblichen Gesichtspunkte in einem Gespräch mündlich angesprochen wurden. Die maßgeblichen Gesichtspunkte seien jedenfalls in dem das Gespräch ergänzenden Bogen „Kolik stationäre Aufnahme Schlachtpferd“ und der Operations- und Narkoseaufklärung enthalten. Eine darüber hinausgehende Erwähnung im mündlichen Aufklärungsgespräch sei dann nicht erforderlich. Die gesetzlichen Regelungen, die für die Humanmedizin eine mündliche Aufklärung vorschreibt, seien bei der Behandlung von Tieren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Allgemein seien die Anforderungen an die Aufklärung im Bereich der Tiermedizin geringer.

Sofern in dem einem Aufklärungsbogen der Eingriff, seine Risiken, die durch die bestehenden Risiken beschränkten Erfolgsaussichten und bestehende Alternativen angemessen und verständlich beschrieben werden, sei dies ausreichend. Der Tierarzt schulde keinesfalls mehr als eine Aufklärung im Großen und Ganzen.

Nach Unterzeichnung des Aufnahme- und Aufklärungsbogens sei der Pferdebesitzer als ausreichend aufgeklärt anzusehen.

Anmerkung:
In der Praxis werden relativ viele Klagen gegen Tierärzte nicht nur mit dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch mit einer fehlerhaften Aufklärung als eigenem Anspruchsgrund begründet.  Bei der Entscheidung des OLG Köln handelt es sich um eine für die Tierärzteschaft durchaus positive Entscheidung. Der Umfang der Aufklärungspflichten eines Tierarztes werden beschrieben und – im Verhältnis zur Humanmedizin – eingeschränkt. In jedem Falle schafft die Entscheidung mehr Klarheit für Tierärzte und Tierbesitzer.

 

Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zur Ursächlichkeit eines anaphylaktischen Schocks aufgrund der Verabreichung eines Antibiotikums für den Tod eines Hundes

Das Landgericht Heidelberg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 10.10.2018 (Az. 4 O 92/17) die Schadensersatzklage einer Hundebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Eine Hundebesitzerin begab sich mit ihrem Hund in die Tierklinik des beklagten Tierarztes wegen eines vermehrt auftretenen Leckens des Hundes am Vorderlauf. Der Tierarzt verabreichte dem Hund ein für Rinder und Schweine zugelassenes Antibiotikums Cephalosporin (Cobactan). Als Folge erlitt der Hund einen allergischen Schock. Es wurde eine antiallergische Therapie mit Cortison eingeleitet. In der Folgezeit erfolgte eine Wiedervorstellung des Hundes wegen Polyurie, Polydypsie, Erbrechens und schwankenden Gangs. In der Praxis des beklagten Tierarztes wurden weitere Laboruntersuchungen sowie Infusionsbehandlungen durchgeführt.

Die llagende Hundesbeitzerin begab sich sodann zur weiteren Behandlung in die veterinärmedizinische Abteilung der Universitätsklinik Gießen, wo der Hund starb.

Die Hundesbeitzerin (Klägerin) nahm den Tierarzt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.500,00 EUR in Anspruch. Sie behauptete, der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Der Hund sei vor der Verabreichung von Cobactan völlig gesund gewesen. Sie, die Klägerin, habe vor der Verabreichung des Medikaments darauf hingewiesen, dass der Hund gegebenenfalls allergisch reagieren könnte. Der Hund sei trotz des schlechten Zustandes nicht stationär in der Klinik des Beklagten aufgenommen worden. Insgesamt wird behauptet, dass der Hund aufgrund der behandlungsfehlerhaften Verabreichung eines Antibiotikums ohne ausreichende Voruntersuchung einen anaphylaktischen Schock erlitten habe. Ferner habe das Antibiotikum für Hunde nicht verwendet werden dürfen. Die Verabreichung der falschen Medikation sowie eine unterlassene Behandlung nach Auftreten des Schocks seien ursächlich für die aufgetretenen Komplikationen und den Tod der Hundin gewesen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Landgericht Heidelberg wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege ein Behandlungsfehler des Tierarztes nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei die Gabe eines Antibiotikums zur Behandlung der Leckdermatitis lege artis gewesen. Insbesondere sei die Gabe eines Antibiotikums bei der hier vorliegenden bakteriellen Infektion indiziert gewesen. Die durchgeführte Untersuchung sei als Befunderhebung ausreichend gewesen. Eine darüber hinausgehend zytologische Untersuchung sei allenfalls für eine Universitätsklinik medizinischer Standard.

Der Sachverständige ging auch davon aus, dass sich aus der Wahl des Antibiotikums Cobactan, seiner Dosierung und Injektion kein Kunstfehler ableiten lasse. Zwar sei das Antibiotikum Cobactan nicht für die Behandlung von Hunden zugelassen. Die Verwendung könne allerdings unter Hinweis auf die Umwidmungskaskade vorliegend als zulässig angesehen werden. Die Dosierung bewege sich mit der Gabe von 2,5 ml der Suspension im Rahmen der tierärztlichen Kunst. Die Entscheidung für die Injektion anstelle der Gabe von Tabletten unterliege der Therapiewahl des Behandlers und sei hier nicht zu beanstanden.

Ferner verstoße – so das Gericht weiter – auch die in der Tierklinik durchgeführte Nachbehandlung nach der Antibiose nicht gegen die Regeln der tierärztlichen Kunst. Die Behandlung des anapylaktischen Schocks sei bei der Wiedervorstellung hinreichend gewesen. Es habe eine intensive medikamentöse Behandlung und eine engmaschige Kontrolle stattgefunden.

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Tod des Hundes durch eine tödlich verlaufende Anaplasmose und einem Hyperparathyredismus eingetreten sei. Diese Diagnose habe aufgrund der durchgeführten Untersuchungen und Labortests erst zu einem Zeitpunk gestellt werden können, als die Hundebesitzerin die Behandlung in der Tierklinik des beklagten Tierarztes bereits abgebrochen hatte. Der Sachverständige führte aus, dass die bis zur endgültigen Diagnose verfolgte Therapie den Regeln der tierärztlichen Kunst entsprochen habe.

Das Gericht folgt der Einschätzung des Sachverständigen, dass die eindeutige Todesursache in einer Hirnblutung zu sehen sei, die durch eine Thrombozytopenie ausgelöst wurde. Diese gehe auf die Anaplasmose zurück. Ein direkter Zusammenhang mit dem anaphylaktischen Schock bestehe nicht.

Ferner liege nach Auffassung des Gerichts kein haftungsbegründender Aufklärungsfehler vor. Nach Auffassung des Sachverständigen bestehe bei jeder Injektion eines Antibiotikums das seltene Risiko einer anapylaktischen Reaktion. Eine Antibiotikagabe löse keine weitergehende Aufklärungspflicht aus. Der Tierhaltet sei lediglich bei besonders risikoreichen Behandlungen über Risiken und Alternativen aufzuklären. Eine solche habe nicht bestanden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung: Das Urteil ist aus Sicht der Tierärtzeschaft vorteilhaft, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers und zur Beweislast getroffen werden. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Reisezeit = Arbeitszeit

Wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Reisezeit = Arbeitszeit

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dürfte derzeit manche Arbeitgeber aufhorchen lassen. Denn diese hat eine immer wieder brisante Fragestellung zum Inhalt: sind Reisezeiten als Arbeitszeiten zu werten und dementsprechend zu vergüten?

Das BAG hatte diese Frage im Zusammenhang mit einer Auslandsreise zu beantworten.

In dem vorliegenden Sachverhalt wurde ein Arbeitnehmer zu einem Arbeitseinsatz ins weit entfernte China entsandt. Der Arbeitnehmer war – gemessen von seiner Wohnung bis zum auswärtigen Einsatzort und wieder zurück – insgesamt 37 Stunden mit An- und Abreise beschäftigt.

Der Arbeitgeber wertete diese Zeiten als Freizeit und verweigerte daher eine entsprechende Vergütung.

Das BAG stellte sich nun auf die Seite des Arbeitnehmers: Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück lägen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und seien deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Dies treffe aber selbstverständlich nur auf die Reisezeit zu, die tatsächlich erforderlich gewesen sei – in dem vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch noch einen Umweg mit Zwischenstopp in Dubai eingelegt, statt den kürzeren Direktflug zu wählen. Die hierdurch entstandene Verzögerung dürfte im Ergebnis wohl als Privatvergnügen zu werten bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen sein.

In der tierärztlichen Praxis dürfte die Vergütung von Reisezeiten zu einem ausländischen Arbeitseinsatz in der Regel kaum eine Rolle spielen – dennoch ist das Thema „Reisezeiten = Arbeitszeiten?“ auch hier von großer Relevanz.

Insbesondere in Großtierpraxen sind die Arbeitnehmer in erheblichem zeitlichen Maße mit der Anreise zum Kunden beschäftigt.

Auch diese Reisezeiten sind grundsätzlich als Arbeitszeiten zu werten und müssen daher nicht bloß vergütet werden, sondern sich zudem im arbeitszeitrechtlich zulässigen Rahmen bewegen.

Denn hier ist die Fahrt mit dem Pkw zum Kunden zwingend erforderlich, um den Arbeitsauftrag auszuführen.

Anders gestaltet sich die Lage aber, wenn die Anreise mit dem Pkw nicht zwingend erforderlich oder angeordnet ist und der Arbeitnehmer ebenso durch Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln ans Ziel gelangen und sich diese Reisezeit nach Belieben vertreiben kann, er also während der Reise keine Arbeiten zu verrichten hat.

In dieser Konstellation stellt die Reisezeit regelmäßig keine Arbeits-, sondern Freizeit dar und wird in der Konsequenz nicht vergütet.

Auch, wenn der Arbeitnehmer trotz der vorhandenen Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und sich währenddessen auszuruhen, freiwillig auf das Reisemittel Pkw zurückgreift, ist die in diesem Zusammenhang aufgebrachte Reisezeit nicht als Arbeitszeit zu werten.

Hält man sich diese Grundsätze vor Augen, so weicht das oben zitierte Urteil des BAG von der bisherigen Praxis ab: der Arbeitnehmer war mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und konnte seine Zeit frei gestalten. Dennoch sind hier nach Auffassung des BAG die aufgebrachten Reisezeiten – da es sich um eine Auslandsreise handelte – als Arbeitszeiten zu werten, die einen entsprechenden Vergütungsanspruch nach sich ziehen.

(BAG, Urteil vom 17.10.2018, Az.: 5 AZR 553/17).

Hinweise zur Auslegung der TÄHAV veröffentlicht

Am 17.08.2018 hat die BTK die lange erwarteten Auslegungshinweise auf ihrer Webseite veröffentlicht:

https://www.bundestieraerztekammer.de/tieraerzte/leitlinien

Die Erläuterungen sollen außerdem im Septemberheft der Deutschen  Tierärzteblattes erscheinen.

Die Auslegungshinweise wurden von der BTK in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Tierarzneimittel (AG TAM), der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG), dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) und dem Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) erarbeitet.

Die Erläuterungen geben zwar Antworten auf einige Fragen im Zusammenhang mit der „neuen TÄHAV“, lassen allerdings viele Fragen unbeantwortet, so dass Unsicherheiten verbleiben.

Wir werden in Kürze eine detaillierte Auswertung der Auslegungshinweise vornehmen und auf unserer Homepage dazu Stellung nehmen.