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Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zur Ursächlichkeit eines anaphylaktischen Schocks aufgrund der Verabreichung eines Antibiotikums für den Tod eines Hundes

Das Landgericht Heidelberg hat in einer aktuellen Entscheidung vom 10.10.2018 (Az. 4 O 92/17) die Schadensersatzklage einer Hundebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Eine Hundebesitzerin begab sich mit ihrem Hund in die Tierklinik des beklagten Tierarztes wegen eines vermehrt auftretenen Leckens des Hundes am Vorderlauf. Der Tierarzt verabreichte dem Hund ein für Rinder und Schweine zugelassenes Antibiotikums Cephalosporin (Cobactan). Als Folge erlitt der Hund einen allergischen Schock. Es wurde eine antiallergische Therapie mit Cortison eingeleitet. In der Folgezeit erfolgte eine Wiedervorstellung des Hundes wegen Polyurie, Polydypsie, Erbrechens und schwankenden Gangs. In der Praxis des beklagten Tierarztes wurden weitere Laboruntersuchungen sowie Infusionsbehandlungen durchgeführt.

Die llagende Hundesbeitzerin begab sich sodann zur weiteren Behandlung in die veterinärmedizinische Abteilung der Universitätsklinik Gießen, wo der Hund starb.

Die Hundesbeitzerin (Klägerin) nahm den Tierarzt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.500,00 EUR in Anspruch. Sie behauptete, der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Der Hund sei vor der Verabreichung von Cobactan völlig gesund gewesen. Sie, die Klägerin, habe vor der Verabreichung des Medikaments darauf hingewiesen, dass der Hund gegebenenfalls allergisch reagieren könnte. Der Hund sei trotz des schlechten Zustandes nicht stationär in der Klinik des Beklagten aufgenommen worden. Insgesamt wird behauptet, dass der Hund aufgrund der behandlungsfehlerhaften Verabreichung eines Antibiotikums ohne ausreichende Voruntersuchung einen anaphylaktischen Schock erlitten habe. Ferner habe das Antibiotikum für Hunde nicht verwendet werden dürfen. Die Verabreichung der falschen Medikation sowie eine unterlassene Behandlung nach Auftreten des Schocks seien ursächlich für die aufgetretenen Komplikationen und den Tod der Hundin gewesen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das Landgericht Heidelberg wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Danach liege ein Behandlungsfehler des Tierarztes nicht vor bzw. könne durch die Klägerin nicht nachgewiesen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei die Gabe eines Antibiotikums zur Behandlung der Leckdermatitis lege artis gewesen. Insbesondere sei die Gabe eines Antibiotikums bei der hier vorliegenden bakteriellen Infektion indiziert gewesen. Die durchgeführte Untersuchung sei als Befunderhebung ausreichend gewesen. Eine darüber hinausgehend zytologische Untersuchung sei allenfalls für eine Universitätsklinik medizinischer Standard.

Der Sachverständige ging auch davon aus, dass sich aus der Wahl des Antibiotikums Cobactan, seiner Dosierung und Injektion kein Kunstfehler ableiten lasse. Zwar sei das Antibiotikum Cobactan nicht für die Behandlung von Hunden zugelassen. Die Verwendung könne allerdings unter Hinweis auf die Umwidmungskaskade vorliegend als zulässig angesehen werden. Die Dosierung bewege sich mit der Gabe von 2,5 ml der Suspension im Rahmen der tierärztlichen Kunst. Die Entscheidung für die Injektion anstelle der Gabe von Tabletten unterliege der Therapiewahl des Behandlers und sei hier nicht zu beanstanden.

Ferner verstoße – so das Gericht weiter – auch die in der Tierklinik durchgeführte Nachbehandlung nach der Antibiose nicht gegen die Regeln der tierärztlichen Kunst. Die Behandlung des anapylaktischen Schocks sei bei der Wiedervorstellung hinreichend gewesen. Es habe eine intensive medikamentöse Behandlung und eine engmaschige Kontrolle stattgefunden.

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Tod des Hundes durch eine tödlich verlaufende Anaplasmose und einem Hyperparathyredismus eingetreten sei. Diese Diagnose habe aufgrund der durchgeführten Untersuchungen und Labortests erst zu einem Zeitpunk gestellt werden können, als die Hundebesitzerin die Behandlung in der Tierklinik des beklagten Tierarztes bereits abgebrochen hatte. Der Sachverständige führte aus, dass die bis zur endgültigen Diagnose verfolgte Therapie den Regeln der tierärztlichen Kunst entsprochen habe.

Das Gericht folgt der Einschätzung des Sachverständigen, dass die eindeutige Todesursache in einer Hirnblutung zu sehen sei, die durch eine Thrombozytopenie ausgelöst wurde. Diese gehe auf die Anaplasmose zurück. Ein direkter Zusammenhang mit dem anaphylaktischen Schock bestehe nicht.

Ferner liege nach Auffassung des Gerichts kein haftungsbegründender Aufklärungsfehler vor. Nach Auffassung des Sachverständigen bestehe bei jeder Injektion eines Antibiotikums das seltene Risiko einer anapylaktischen Reaktion. Eine Antibiotikagabe löse keine weitergehende Aufklärungspflicht aus. Der Tierhaltet sei lediglich bei besonders risikoreichen Behandlungen über Risiken und Alternativen aufzuklären. Eine solche habe nicht bestanden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung: Das Urteil ist aus Sicht der Tierärtzeschaft vorteilhaft, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers und zur Beweislast getroffen werden. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Reisezeit = Arbeitszeit

Wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Reisezeit = Arbeitszeit

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dürfte derzeit manche Arbeitgeber aufhorchen lassen. Denn diese hat eine immer wieder brisante Fragestellung zum Inhalt: sind Reisezeiten als Arbeitszeiten zu werten und dementsprechend zu vergüten?

Das BAG hatte diese Frage im Zusammenhang mit einer Auslandsreise zu beantworten.

In dem vorliegenden Sachverhalt wurde ein Arbeitnehmer zu einem Arbeitseinsatz ins weit entfernte China entsandt. Der Arbeitnehmer war – gemessen von seiner Wohnung bis zum auswärtigen Einsatzort und wieder zurück – insgesamt 37 Stunden mit An- und Abreise beschäftigt.

Der Arbeitgeber wertete diese Zeiten als Freizeit und verweigerte daher eine entsprechende Vergütung.

Das BAG stellte sich nun auf die Seite des Arbeitnehmers: Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück lägen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und seien deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Dies treffe aber selbstverständlich nur auf die Reisezeit zu, die tatsächlich erforderlich gewesen sei – in dem vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch noch einen Umweg mit Zwischenstopp in Dubai eingelegt, statt den kürzeren Direktflug zu wählen. Die hierdurch entstandene Verzögerung dürfte im Ergebnis wohl als Privatvergnügen zu werten bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen sein.

In der tierärztlichen Praxis dürfte die Vergütung von Reisezeiten zu einem ausländischen Arbeitseinsatz in der Regel kaum eine Rolle spielen – dennoch ist das Thema „Reisezeiten = Arbeitszeiten?“ auch hier von großer Relevanz.

Insbesondere in Großtierpraxen sind die Arbeitnehmer in erheblichem zeitlichen Maße mit der Anreise zum Kunden beschäftigt.

Auch diese Reisezeiten sind grundsätzlich als Arbeitszeiten zu werten und müssen daher nicht bloß vergütet werden, sondern sich zudem im arbeitszeitrechtlich zulässigen Rahmen bewegen.

Denn hier ist die Fahrt mit dem Pkw zum Kunden zwingend erforderlich, um den Arbeitsauftrag auszuführen.

Anders gestaltet sich die Lage aber, wenn die Anreise mit dem Pkw nicht zwingend erforderlich oder angeordnet ist und der Arbeitnehmer ebenso durch Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln ans Ziel gelangen und sich diese Reisezeit nach Belieben vertreiben kann, er also während der Reise keine Arbeiten zu verrichten hat.

In dieser Konstellation stellt die Reisezeit regelmäßig keine Arbeits-, sondern Freizeit dar und wird in der Konsequenz nicht vergütet.

Auch, wenn der Arbeitnehmer trotz der vorhandenen Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und sich währenddessen auszuruhen, freiwillig auf das Reisemittel Pkw zurückgreift, ist die in diesem Zusammenhang aufgebrachte Reisezeit nicht als Arbeitszeit zu werten.

Hält man sich diese Grundsätze vor Augen, so weicht das oben zitierte Urteil des BAG von der bisherigen Praxis ab: der Arbeitnehmer war mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und konnte seine Zeit frei gestalten. Dennoch sind hier nach Auffassung des BAG die aufgebrachten Reisezeiten – da es sich um eine Auslandsreise handelte – als Arbeitszeiten zu werten, die einen entsprechenden Vergütungsanspruch nach sich ziehen.

(BAG, Urteil vom 17.10.2018, Az.: 5 AZR 553/17).

Hinweise zur Auslegung der TÄHAV veröffentlicht

Am 17.08.2018 hat die BTK die lange erwarteten Auslegungshinweise auf ihrer Webseite veröffentlicht:

https://www.bundestieraerztekammer.de/tieraerzte/leitlinien

Die Erläuterungen sollen außerdem im Septemberheft der Deutschen  Tierärzteblattes erscheinen.

Die Auslegungshinweise wurden von der BTK in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Tierarzneimittel (AG TAM), der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG), dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) und dem Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) erarbeitet.

Die Erläuterungen geben zwar Antworten auf einige Fragen im Zusammenhang mit der „neuen TÄHAV“, lassen allerdings viele Fragen unbeantwortet, so dass Unsicherheiten verbleiben.

Wir werden in Kürze eine detaillierte Auswertung der Auslegungshinweise vornehmen und auf unserer Homepage dazu Stellung nehmen.

Wir suchen Verstärkung!

Zur Unterstützung unseres Teams suchen wir zum nächstmöglichen Termin

eine/n erfahrene/n Rechtsanwaltsfachangestellte/n.

Ihr Aufgabenbereich umfasst die Unterstützung der Anwälte. Sie führen den Schriftverkehr mit Mandanten und Gerichten, nehmen Anrufe entgegen und organisieren, koordinieren Gerichts- und Besprechungstermine. Für die Umsetzung Ihrer Aufgaben nutzen Sie souverän die gängigen Office-Programme und die Kanzleisoftware RA Micro.

Wir bieten ein angenehmes Arbeitsklima, abwechslungsreiche und spannende Tätigkeiten, eigenständiges und verantwortungsvolles Arbeiten und eine angemessene Vergütung.

Ihre Bewerbung – gerne mit Angabe der Gehaltsvorstellung sowie Angabe des möglichen Eintrittszeitpunktes – senden Sie bitte per E-Mail an:

tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus
z. Hd. Frau Nicole Lingenhoff
E-Mail: lingenhoff@tiermedrecht.de

Pferderecht: Die aktuelle Entscheidung zur Verwendung von Musterverträgen beim Pferdekauf – oder: „Augen auf beim Pferdekauf“

Dass Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied mit ganz aktuellem Urteil vom 30.04.2018 (AZ: 2-23 O 119/17),  dass es sich bei der Klausel in einem Musterkaufvertrag

„Das Pferd wird verkauft, wie besichtigt und probegeritten. Hinsichtlich der reiterlichen bzw. sportlichen Beschaffenheit wird der Zustand als vertraglich vereinbart zugrunde gelegt, der sich nach Besichtigung des Pferdes und/oder nach Proberitt durch den Käufer darstellt.  Insoweit erfolgt der Verkauf unter vollständigem Ausschluss jeglicher Haftung.“

um einen generellen Gewährleistungsausschluss handelt, die sich auch auf die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes bezieht.

Hintergrund:
Die Käuferin ritt ein Pferd zur Probe. Dabei traten keine Auffälligkeiten zu Tage, so dass die Käuferin das Pferd anschließend ohne eine tierärztliche Untersuchung kaufte. Die Parteien verwendeten einen aus dem Internet heruntergeladenen Formularkaufvertrag, welcher die Klausel enthielt:

 „Das Pferd wird verkauft, wie besichtigt und probegeritten. Hinsichtlich der reiterlichen bzw. sportlichen Beschaffenheit wird der Zustand als vertraglich vereinbart zugrunde gelegt, der sich nach Besichtigung des Pferdes und/oder nach Proberitt durch den Käufer darstellt.  Insoweit erfolgt der Verkauf unter vollständigem Ausschluss jeglicher Haftung.“

Die Klausel befindet sich nicht in der Vertragsziffer, in welcher die gesundheitliche Beschaffenheit geregelt wird.

Kurze Zeit nach der Übergabe stellte sich bei dem Pferd eine mittelgradige Lahmheit heraus. Die Untersuchung in einer Pferdeklinik ergab einen erheblichen Meniskusschaden und eine als Dauerschaden einzustufende Arthrose. Nach Einschätzung der Klinik habe dieser Schaden bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes bestanden. Die Klägerin erklärte den Rücktritt von dem Kaufvertrag und forderte die Käuferin erfolglos zur Rücknahme des Pferdes Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises und der Aufwendungen auf. Das Landgericht Frankfurt wies die Klage der Käuferin in erster Instanz ab. In dem sich daran anschließenden Berufungsverfahren wies das OLG Frankfurt die Berufung der Käuferin zurück.

Das Gericht ist der Auffassung, dass sich die zitierte Klausel nicht lediglich auf die Eignung des Pferdes als Dressur,- Spring-,Vielseitigkeitspferd etc. bezieht. Vielmehr beziehe sich der Gewährleistungsausschluss auch auf die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes. Die Tatsache, dass sich die Klausel in einem anderen vertraglichen Kontext, als dem über die gesundheitliche Beschaffenheit befindet, stehe der Einordnung der Klausel als genereller Gewährleistungsausschluss nicht entgegen.

Anmerkung:
Angesichts dieser Entscheidung kann wieder einmal nur vor der unkritischen Verwendung von Musterkaufverträgen gewarnt werden. Erfahrungsgemäß sind sich viele Kaufvertragsparteien des Inhalts und der rechtlichen Tragweite vieler Vertragsklauseln -gerade hinsichtlich der Verkürzung von Verjährungsfristen oder des Ausschlusses von Gewährleistungsrechten- gar nicht bewusst.

Tierarztpraxis mit Fundtierstelle = erlaubnispflichtige tierheimähnliche Einrichtung!?

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat mit Urteil vom 05.04.2018 (6 A 22/17) entschieden, dass es sich bei der in der Praxis der klagenden Tierärztin betriebenen Fundtierstelle um eine erlaubnispflichtige tierheimähnliche Einrichtung handelt. Mangels einer solchen Erlaubnis sei der Untersagungsbescheid des zuständigen Landkreises rechtmäßig.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt eine tierärztliche Kleintierpraxis inklusive einer Station. Sie nahm aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit mehreren umliegenden Gemeinden Fundtiere auf und brachte diese bis zu deren Abholung stationär in der Station ihrer Praxis unter. Während des stationären Aufenthalts wurden die Fundtiere auch tierärztlich versorgt.

Der Landkreis als zuständige Ordnungsbehörde verbot der Tierärztin per Untersagungsbescheid die Aufnahme und Betreuung von Fundtieren mit der Begründung, dass es sich bei der betriebenen Fundtierstelle um eine tierheimähnliche Einrichtung handele. Für den Betrieb einer solchen sei eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG erforderlich. Eine solche Erlaubnis liege jedoch nicht vor, so dass die Tätigkeit zu versagen sei.

Zu den Entscheidungsgründen:

Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Tierärztin gegen den Untersagungsbescheid ab. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Tierärztin -ohne die dafür erforderliche Erlaubnis- eine tierheimähnliche Einrichtung betrieben habe. Tierheimähnliche Einrichtungen seien Einrichtungen, bei denen die wesentlichen Merkmale eines Tierheims vorliegen. Dazu gehören die Aufnahme, die pflegerische Unterbringung und gegebenenfalls Weitervermittlung von Fund- und Abgabetieren. Wesentliches Merkmal eines Tierheims sei -so das Gericht-, dass dort viele Tiere unterschiedliche Arten konzentriert an einem Ort gehalten werden. Die Tierheime werden als Auffangstation, als Tierpension, zur vorläufigen Unterbringung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der betroffenen Tiere tätig.

Das Gericht war der Auffassung, dass die Tierärztin die genannten wesentlichen Aufgaben eines Tierheims dadurch erfüllt hat, dass sie über mehrere Jahre hinweg eine Vielzahl unterschiedlicher Fundtiere  dauerhaft in ihrem Praxisräumen aufgenommen, gepflegt und weitervermittelt hat. Dabei sei es unerheblich, dass viele Tiere zeitnah an ihren Besitzer zurückgegeben werden konnten. Hinzu komme nach Auffassung des Gerichts, dass die Tierärztin Vereinbarungen mit mehreren Gemeinden geschlossen hatte. Diese sprechen dafür, dass es sich bei den Aufgaben der Tierärztin überwiegend um solche gehandelt habe, die üblicherweise durch ein Tierheim wahrgenommen werden Die Tierärztin habe anstelle der Gemeinden ein Tierheim betrieben. Dabei habe der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Fundtierstelle entgegen den Ausführungen der Tierärztin nicht auf der Erbringung tierärztlicher Leistungen gelegen. Daran ändere auch die Abrechnung nach GOT nichts. Ein Betreuungsvertrag i.S. des § 4 GOT umfasse nicht die Annahme und Unterbringung von Tieren durch den Tierarzt. Ferner sei nicht jedes aufgenommene Tier behandlungsbedürftig gewesen.

Nach Auffassung des Gerichts sei es nicht erheblich, dass der Schwerpunkt der Tierärztin auf dem Betrieb der Tierarztpraxis inklusive Station lag, und dass die betriebene Fundtierstelle lediglich untergeordneter Natur war. Hinzu komme, dass die Fundtierstelle auf der Homepage getrennt ausgewiesen worden und auf dem Schaufenster der Praxis separat beworben worden sei.

Anmerkung:

Die Entscheidung kann Auswirkungen auf andere Praxen haben, in denen ebenfalls Fundtiere aufgenommen und gegebenenfalls weitervermittelt werden. Interessant ist der Umstand, dass bei der Prüfung durch die Behörde, ob die Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung vorliegen, strenge Anforderungen an die Räumlichkeiten der Fundtierstelle (Größe, Licht, Klima, Quarantäne) gestellt werden, die demgegenüber beim Betrieb einer Praxisstation nicht im Vordergrund stehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.   

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und ihre Umsetzung in der Praxis

Die DSGVO gilt ab dem 25.05.2018 unmittelbar und verbindlich in allen EU-Mitgliedsstaaten.
Hiermit gilt es für alle Unternehmen, die in einem EU-Mitgliedsstaat personenbezogene Daten verarbeiten, hierzu erlassene strikte Regeln zu befolgen.

Diese Regelungen sind teilweise sehr komplex und in der Praxis an mancher Stelle tatsächlich kaum umsetzbar. Umso mehr macht sich allseits die Sorge breit, bei möglichen Verstößen mit einem empfindlichen Bußgeld belangt zu werden. Aber soviel vorweg: Der Bußgeldrahmen der DSGVO ist zwar drastisch, diese Art der Sanktion dürfte jedoch nur bei massiven oder wiederholten Verstößen das Mittel der Wahl sein. Andernfalls dürfte zunächst ein Aufforderungsbescheid der zuständigen Behörde zu erwarten sein. So weit brauchen Sie es allerdings gar nicht erst kommen zu lassen. Sofern Sie informiert sind, was Sie bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten beachten müssen und diese Informationen rechtzeitig in Ihrem Praxisbetrieb umsetzen, haben Sie die DSGVO nicht zu fürchten.

Wir haben für Sie im Folgenden einige wichtige Grundsätze zusammengefasst:

  1. Was sind personenbezogene Daten?
    Unter den Begriff „personenbezogene Daten“ werden alle Informationen gefasst, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dies sind insbesondere Namen, Adressen, Geburtsdaten, Telefonnummern, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Online-Kennungen oder besondere Merkmale, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität einer natürlichen Person sind.
  2. Unter welchen Voraussetzungen dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden?
    Der Begriff „Verarbeitung“ umfasst jeden Vorgang in Zusammenhang mit personenbezogenen Daten – also auch bereits die Erhebung. Im Grundsatz gilt hier: Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist grundsätzlich verboten, es sei denn, sie wird durch eine entsprechende Gesetzesgrundlage gerechtfertigt. Für eine solche Rechtfertigung wird in der Regel eine entsprechende Einwilligung des Betroffenen erforderlich sein.
  3. Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Einwilligung
    Um eine Datenverarbeitung wirksam zu legitimieren, muss eine Einwilligung folgende Bedingungen erfüllen:
    – sie muss schriftlich fixiert sein
    – sie muss freiwillig erfolgt sein
    – der Betroffene muss über die Konsequenzen einer Einwilligung aufgeklärt worden sein
  4. Informationspflichten gegenüber dem Betroffenen
    Eine wirksame Einwilligung setzt das Vorliegen der o.g. Kriterien voraus. Unter anderem ist es erforderlich, dass dem Betroffenen die Tragweite seiner Einwilligung erklärt wurde. Hierzu ist es unerlässlich, den Betroffenen über Folgendes aufzuklären:
    – Name und Kontaktdaten des für die Verarbeitung Verantwortlichen (= Praxisinhaber), sowie ggf. des betrieblichen Datenschutzbeauftragten
    – Angabe, welche Daten des Betroffenen erhoben werden
    – zu welchem Zweck diese Daten erhoben werden (Zweckbindung!)
    – Nennung der Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung
    – Kategorien der Empfänger der Daten (wer hat Zugriff?)
    – wie lange die erhobenen Daten gespeichert werden
    – Hinweis auf die Rechte des Betroffenen (Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung, Widerspruch, Datenportabilität)
    – das Recht des Betroffenen, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen
    – durch einen Widerruf wird die zwischen Einwilligungs- und Widerrufserklärung erfolgte Datenverarbeitung nicht (nachträglich) rechtswidrig
    – die Möglichkeit des Betroffenen, sich bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde zu beschweren
    – ob die Angabe der Daten verpflichtend ist oder notwendig, einen Vertrag zu schließen
    – Konsequenzen bei Nichtangabe der Daten
    Diese Informationen, sowie die hierunter zu fixierende Einwilligung des Betroffenen, dürften sich unproblematisch dem Patientenaufnahmebogen, mit dem Sie auch die Daten des jeweiligen Halters aufnehmen, beifügen lassen.
  1. Grundsatz der Datenminimierung
    Die DSGVO sieht eine Beschränkung der Datenverarbeitung auf das für den Zweck der Verarbeitung angemessene und erforderliche Maß vor.
  2. Integrität und Vertraulichkeit
    Es sind geeignete (auch technische) Maßnahmen zu treffen, um einen angemessenen Schutz der Daten vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung, sowie vor Verlust oder Schädigung, zu gewährleisten.
  3. Löschung
    Die Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald der Zweck der Verarbeitung verbraucht ist oder ein Widerruf des Betroffenen vorliegt. Dies gilt nicht, sofern die Verarbeitung bspw. zur Ausübung von Rechtsansprüchen weiterhin erforderlich ist.
  4. Datenschutzerklärung bei Betrieb einer Website
    Sofern das Unternehmen eine Website betreibt, sind auch hier Datenschutzinformationen erforderlich. Diese sind vom jeweiligen Nutzer der Website über das Impressum abrufbar.
    Auch hier ist eine umfassende Information der Betroffenen erforderlich. Einer aktiven Einwilligung des jeweiligen Betroffenen bedarf es hingegen nicht. Vielmehr greift hier ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund (Art. 6 Abs. 1 f DSGVO).
  5. Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
    Die DSGVO fordert das Führen eines Verzeichnisses aller Verarbeitungstätigkeiten.
    Hierin sind u.a. Zwecke von Datenverarbeitungen, Kategorien der Betroffenen, sowie der personenbezogenen Daten und deren Empfänger, die vorgesehenen Fristen für die Löschung der Datenkategorien, sowie eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzniveaus aufzuführen.
  6. Dokumentation
    Jedes Unternehmen sollte ein Papier führen, das die Bemühungen um technische und organisatorische Maßnahmen der Datensicherheit und deren Durchführung belegt.
  7. Notwendigkeit eines Datenschutzbeauftragten
    In Tierarztpraxen wird die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten in der Regel erst dann erforderlich sein, sofern mindestens 10 Personen mit der Datenverarbeitung befasst sind.
    Der Datenschutzbeauftragte darf Beschäftigter im Praxisbetrieb sein. Um seine Unabhängigkeit in seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter zu gewährleisten, genießt er zudem einen besonderen Kündigungsschutz.
  8. Résumé
    Die DSGVO bringt einige Verschärfungen in Sachen Datenschutz mit sich. Betroffen sind hiervon alle Unternehmen, die Kundendaten in den EU-Mitgliedsstaaten verarbeiten.
    Sie müssen sicherstellen, dass die Kunden eine ggf. erforderliche schriftliche Einwilligung in die Datenverarbeitung erteilen. In jedem Fall aber muss das Unternehmen den Kunden spätestens bei Erhebung der Daten eine wahre Informationsflut zukommen lassen, um diese lückenlos u.a. über Sinn und Zweck der Datenverarbeitung und die Betroffenenrechte aufzuklären. Die Einhaltung der Grundsätze der Datenverarbeitung hält zudem einige technische Herausforderungen bereit, wie z.B. die datenschutzrechtkonforme Aufbewahrung und Verschlüsselung von Daten, die Festlegung von Berechtigungen für den Zugriff und das Erstellen eines Backup-Systems. Für den Fall, dass die Behörde kritisch nachfragt, sollte stets nachweisbar sein, dass die Vorgaben der DSGVO eingehalten werden. Andernfalls können Geldbußen und Schadensersatzforderungen die Folge sein.

Es empfiehlt sich daher, spätestens jetzt dem Thema Datenschutz besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Online-Seminar zur neuen TÄHAV

Die Bayer-Nutztierakademie und Vet-consult laden Tierärzte am 14. März um 20.00 Uhr zu einem kostenfreien Webinar ein.

Das aktuelle Arzneimittelrecht – unter Berücksichtigung der „neuen TÄHAV“
Termin: 14.3.2018/ 20:00 Uhr
Dauer: 90 Minuten ONLINE-LIVE Vortrag mit anschließender Diskussion
2 ATF-Stunden sind beantragt, die Teilnahme ist kostenfrei.

Anmeldung ab 1. März 2018 unter www.vetportal.bayer.de im Bereich Nutztierakademie/Fortbildungen 2018.

Fachreferent: Rechtsanwalt Jürgen Althaus (tiermedrecht – Anwaltskanzlei Althaus)

Die Tierärzteschaft wird aktuell von einer erheblichen Unruhe und Unsicherheit geprägt. Der Grund dafür ist, dass sowohl der Bundesrat am 02.02.2018 als auch die Bundesregierung am 21.02.2018 dem vom Bundeslandwirtschaftsminister vorgelegten Entwurf der TÄHAV in vollem Umfang zugestimmt haben. Dieses Webinar bietet einen systematischen Überblick über die rechtmäßige Abgabe, Anwendung und Verschreibung von Arzneimitteln unter Berücksichtigung der aktuellen Änderungen in der TÄHAV. Die Anforderungen an eine „ordnungsgemäße Behandlung“ werden ebenso beleuchtet, wie die neu in der TÄHAV verankerte Antibiogrammpflicht, das Umwidmungsverbot und die deutlich erweiterten Dokumentationspflichten.

Letztlich werden auch die Konsequenzen für die praktizierenden Tierärzte beschrieben. Das Webinar wird über die aktuelle Rechtslage informieren, damit die Tierärzte wissen, was konkret von ihnen gefordert wird.

Weitere  Informationen erhalten Sie bei: Dr. Martina de Ponte, Tel 0214 – 30 51 792, martina.deponte@bayer.com

Tierarztrecht: Die aktuelle Entscheidung zur Ursächlichkeit einer tierärztlichen Behandlung für den Tod eines Fohlens

Das Landgericht Bayreuth (AZ. 43 O 622/15) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 08.01.2018 die Schadensersatzklage einer Pferdebesitzerin vollständig abgewiesen.

Zum Sachverhalt:
Eine Pferdebesitzerin rief den Tierarzt, damit dieser eine erhebliche Augenverletzung (Schürfwunde und Bindehautentzündung) bei einer tragenden Stute untersucht. Da die Stute bei der Behandlung schmerzbedingt sehr unkooperativ war und eine gründliche Augenuntersuchung mittels einer Fluoreszin-Probe und einer Ophtalmoskopie nicht möglich war, nahm der Tierart eine Sedierung vor. Ferner erfolgte die Untersuchung des entzündeten Auges und die Verabreichung der Medikamente Traumeel, Torbugesic, Flunidol sowie einer Cortison-Augensalbe (Corti-Biciron).

Zwei Wochen nach der tierärztlichen Behandlung brachte die Stute ein totes Fohlen zur Welt.

Die Pferdehalterin (Klägerin) nahm den Tierarzt auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 49.000,-€ in Anspruch. Sie behauptete, der Tierarzt habe einen groben Behandlungsfehler begangen. Die Sedierung sei nicht indiziert gewesen. Desweiteren sei die Verabreichung der Sedations-Medikamente sowie die Gabe von Torbugesic, Flunidol und Cortison bei einer tragenden Stute kontraindiziert gewesen, da noch keine reproduktionstoxikologischen Untersuchungen vorlagen. Durch diese fehlerhafte Behandlung sei das Fohlen getötet worden. Ferner sei die Stute bei der schwierigen Geburt verletzt worden, was zu einer Zuchtuntauglichkeit geführt habe.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts:
Das LG Bayreuth wies die Klage vollständig ab und verwies auf ein in dem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten. Der Sachverständige führte aus, dass die Verabreichung von Flunidol und Torbugesic indiziert und sachgerecht gewesen sei – auch bei einer tragenden Stute. Weder die Verabreichung des Sedativums, noch die Verabreichung der genannten Medikamente, noch die Gabe von Cortisonsalbe seien geeignet gewesen, den Tod des Fohlens herbeizuführen. Das Fohlen sei vielmehr ausschließlich an einer bakteriellen Infektion mit Staphylokokken gestorben. Dies wurde durch eine pathologische Untersuchung durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bestätigt. Diese Infektion stehe – so der Gutachter- in keinem Zusammenhand mit der tierärztlichen Behandlung.

Insofern liege nach Auffassung des Gerichts kein Behandlungsfehler – insbesondere kein grober Behandlungsfehler- vor. Ferner sei eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht festzustellen. Der Tierarzt habe die Pferdehalterin nicht besonders über die eingesetzten Medikamente aufklären müssen, und zwar auch dann nicht, wenn in der Packungsbeilage des Herstellers festgehalten ist, dass ein Medikament nicht bei trächtigen Stuten angewendet werden soll. Durch einen solchen Hinweis wolle sich der Hersteller lediglich aus einer Haftung befreien. Aus einem solchen Hinweis ergebe sich allerdings nicht eine Aussage, ob ein Präparat Auswirkungen auf die Trächtigkeit hat oder nicht.

Die Klägerin trage -so das Gericht- sowohl für einen Aufklärungs- als auch für einen Behandlungsfehler die Beweislast. Der Beweis habe nicht geführt werden können. Selbst wenn ein Fehler des Tierarztes nachgewiesen worden wäre, so hätte dieser nicht kausal zu dem behaupteten Schaden geführt.

Das Urteil ist seit dem 13.02.2018 rechtskräftig.

Anmerkung: Das Urteil ist aus Sicht der Tierärzteschaft erfreulich, da in ihm klare Aussagen ebenso zur Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers sowie eines Aufklärungsfehlers, wie zur Beweislast und zur Haftung im Falle einer Abweichung von den Herstellerangaben getroffen werden.

Die neue TÄHAV: Inhalt und Konsequenzen

Am vergangenen Freitag (02.02.2018) hat der Bundesrat dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf der TÄHAV in vollem Umfang zugestimmt. Die bis dahin seitens der Tierärzteschaft vorgebrachten Einwände wurden nicht berücksichtigt.

Aktuell wird vielerorts – auch in Onlineforen und in Diskussionsgruppen auf Facebook- über den Inhalt, die Konsequenzen und das Inkrafttreten der TÄHAV diskutiert – und zum Teil spekuliert. Vielfach werden Meinungen und Vermutungen geäußert, die nicht ganz zutreffend sind. Aus diesem Grunde möchten wir die Neuregelungen der TÄHAV nachfolgend in der gebotenen Kürze einmal darstellen.

  1. Es wird in § 12 Abs. 2 Nr. 1 TÄHAV festgelegt, dass eine „ordnungsgemäße Behandlung“, also die Voraussetzung einer Arzneimittelabgabe oder -anwendung einen unmittelbaren physischen Kontakt durch den Tierarzt voraussetzt. Eine telefonische Kontaktaufnahme des Tierhalters stellt daher im Einzelfall u.U. keine „Behandlung“ mehr dar.
  2. Es wird in § 12 Abs. 2 Nr. 2 TÄHAV festgelegt, dass die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt zu kontrollieren sind. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Kriterium (neu) ausgelegt werden wird.
  3. § 12 Abs. 2 Nr.3 TÄHAV sieht vor, dass einer Behandlung mit einem Antibiotikum eine klinische Untersuchung durch den Tierarzt vorangehen muss. Eine bisher im Einzelfall ausreichende orientierende Übersicht über die Probleme eines Tierbestandes oder lediglich eine Befragung des Tierhalters genügt danach nicht mehr.
  4. In § 12 b TÄHAV wird das vielfach diskutierte (teilweise) Umwidmungsverbot normiert. Danach dürfen Arzneimittel, die Cephalosporine der dritten oder vierten Generation oder Fluorchinolone enthalten, bei Rindern, Schweinen, Puten, Hühnern, Hunden und Katzen nur noch abgegeben, verschrieben oder angewendet werden, wenn sie für diese Tierart zugelassen sind, es sei denn, die notwendige arzneiliche Versorgung der Tiere ist ansonsten gefährdet.
  5. Die weitere neue Regelung des § 12 c TÄHAV beschreibt eine Antibiogrammpflicht. Danach hat der Tierarzt „im Rahmen“ der Behandlung von Tiergruppen der Tierarten Rind, Schwein, Huhn oder Pute mit einem Antibiotikum unter bestimmten Voraussetzungen (nicht immer!) bzw. in bestimmten Situationen (z. B. bei einem Wechsel des Arzneimittels oder einer kombinierten Verabreichung) ein Antibiogramm zu erstellen. Die Antibiogrammpflicht gilt auch im Kleintierbereich bei der Behandlung einzelner Hunde und Katzen (wie bei den vorgenannten Tierarten), wenn eine Abweichung von den Zulassungsbedingungen (Umwidmung) von Antibiotika erfolgen oder eine Behandlung von Arzneimitteln erfolgen soll, die Cephalosporine der dritten oder vierten Generation oder Fluorchinolone enthalten. Die Antibiogrammpflicht gilt nicht ausnahmslos!
  6. In § 12 d TÄHAV wird im einzelnen beschrieben, wie die Probennahme zu erfolgen hat (Probennahme, Erregerisolierung, Resistenztest)
  7. In § 13 TÄHAV werden die Nachweispflichten des Tierarztes verschärft. Dies gilt insbesondere für die Nachweise im Falle der Anwendung, Verschreibung und Abgabe von Antibiotika. So ist insbesondere die Diagnose zu dokumentieren. Ferner ist der Grund für eine Umwidmung zu begründen. Schließlich ist die Probennahme zu dokumentieren (z.B. Identität der beprobten Tiere, Diagnose, Untersuchungsmethode, Bewertungskriterien, u.Ä.). Diese erweiterten Nachweispflichten gelten sowohl bei der Behandlung von Tieren, die der Gewinnung von Lebensmittel dienen, als auch von Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, also auch im Kleintierbereich.

Aus den dargestellten neuen Regelungen resultieren zum Einen erweiterte Pflichten eines Tierarztes und ein deutlich vermehrter Arbeits- und Dokumentationsaufwand. Dies wird gerade heftig diskutiert. Was jedoch nicht diskutiert wird, sind die bußgeldrechtlichen und insbesondere strafrechtlichen Gefahren, die sich aus den Regelungen ergeben. Dies gilt besonders im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer „ordnungsgemäßen Behandlung“.  Die oben dargestellten Regelungen zeigen die Voraussetzungen einer „ordnungsgemäßen Behandlung“ auf. Eine solche ist wiederum Voraussetzung für eine rechtmäßige Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels (§ 56 a AMG). Wer also die oben genannten Anforderungen (persönliche Untersuchung, klinische Untersuchung, Antibiogramm, u.s.w.) nicht erfüllt, behandelt im Zweifel nicht „ordnungsgemäß“. Bei der Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels für Lebensmittel liefernde Tiere stellt das im Einzelfall einen Straftatbestand (§ 95 Nr. 8 i.V.m. § 56 a AMG), bei der Behandlung von Tieren, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar.

Somit wachsen durch die neue TÄHAV insbesondere auch die bußgeldrechtlichen und strafrechtlichen Risiken. Ferner ist zu erwarten, dass die geschilderten Anforderungen auch Auswirkungen auf den Verlauf und das Ergebnis von Apothekenkontrollen haben werden. Es kann daher nur empfohlen werden, die Neuerungen ernst zu nehmen und penibel umzusetzen und sich ferner möglichst kurzfristig darauf einzustellen.

Ein Wort zum Inkrafttreten der Regelungen. Auch hier liest man in Foren teilweise sich widersprechende Vermutungen („Ende Februar“, „Übergangsfrist“).  Artikel 2 der Verordnung sieht vor, dass die Verordnung am Tag nach Ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger in Kraft tritt. Das kann jederzeit soweit sein! Eine (in der Tierärzteschaft erhoffte) Übergangsfrist ist in der Verordnung nicht vorgesehen.

gez. Althaus